Bericht des Vorsitzenden
Friedrich Merz MdB, Vorsitzender
Zur Sitzung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag am 5. November 2024
I. Kernbotschaften der Woche
Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken.
Insbesondere seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 sehen wir eine deutliche Zunahme antisemitischer Straftaten und von Äußerungen des Judenhasses auf unseren Straßen. Das sichtbare Anwachsen des Antisemitismus ist nicht nur eine Bedrohung für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland. Es stellt auch einen Angriff auf die Werte und Grundsätze unserer gesamten Gesellschaft dar. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, jüdisches Leben in Deutschland aktiv zu schützen und weiter zu stärken.
Mit dem interfraktionellen Antrag „Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken“ setzen die Fraktionen der demokratischen Mitte im Deutschen Bundestag ein klares Zeichen gegen jeden Antisemitismus und gegen eine antisemitisch motivierte Verurteilung Israels. Wir treten gemeinsam für einen besseren Schutz jüdischen Lebens in Deutschland ein. Wir fordern, dass die Bundesregierung ihre Anstrengungen zur Förderung der jüdischen Kultur und Bildung intensiviert. Antisemitismus muss in allen Bereichen der Gesellschaft zurückgedrängt werden. Wo erforderlich, sind auch Gesetzeslücken zu schließen. In diesem Zusammenhang nennt der Antrag neben dem Strafrecht auch das Aufenthalts-, das Asyl- und das Staatsangehörigkeitsrecht.
Der Deutsche Bundestag stellt überdies erneut fest, dass die Bundesregierung die Arbeitsdefinition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) als maßgeblich heranzuziehen hat. Überdies verlangen wir den Ausschluss staatlicher Förderung für alle Organisationen, die mit der sogenannten BDS-Bewegung in Verbindung stehen, zum Boykott Israels aufrufen oder sonstige antisemitische Inhalte verbreiten. Ein klares Bekenntnis zu Israels Sicherheitsinteressen und Selbstverteidigungsrecht ist ebenfalls Teil des gemeinsamen Antrags.
Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben in unseren Gesetzesinitiativen und Anträgen seit dem 7. Oktober 2023 auch deutlich weitergehende Vorschläge zur Bekämpfung des Antisemitismus in Deutschland vorgelegt. Hinter diesen Vorschlägen stehen wir weiterhin uneingeschränkt. Gleichwohl haben wir uns intensiv für einen gemeinsamen Antrag eingesetzt. Dafür sind wir Kompromisse eingegangen. Denn für uns gilt: Die Fraktionen der demokratischen Mitte im Deutschen Bundestags und alle Bürgerinnen und Bürger müssen gegen Antisemitismus zusammenstehen.
Fraktionskongress, Initiativen und „Aktuelle Stunde“ zur Wirtschafts- und Energiepolitik.
Deutschland steckt in der Rezession. Arbeitsplätze gehen verloren. Industrie wandert ab. Der Arbeitsmarkt ist dysfunktional. In dieser Lage bräuchte unser Land eine handlungsfähige Bundesregierung, die mit einem Plan für Deutschland Entscheidungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes trifft. Das Gegenteil ist der Fall: Die Bundesregierung versinkt im Streit und Chaos, während die wirtschaftliche Position Deutschlands jeden Tag schwächer wird.
Wir machen die Wirtschafts- und Energiepolitik in dieser Sitzungswoche zu einem Schwerpunktthema. Am Dienstag richten wir unseren Fraktionskongress „Die Neue Energie-Agenda: Energiepolitik für ein klimaneutrales Industrieland“ aus, bei dem wir den Entwurf eines umfangreichen energiepolitischen Positionspapiers vorstellen. In diesem Positionspapier verdeutlichen wir: Deindustrialisierung ist nicht der Weg der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der Klimapolitik. Wirtschaft, Energie und Klima zusammen zu denken ist unser Anspruch. Sauberkeit, Sicherheit und Bezahlbarkeit der Energieversorgung sind kein Nullsummenspiel, sondern können als gleichrangige Ziele nur im Zusammenspiel erreicht werden. Darüber hinaus haben wir für Freitag eine „Aktuelle Stunde“ zum Thema „Kurs der Bundesregierung in der Wirtschaftskrise“ beantragt, um das Gipfelchaos innerhalb der Bundesregierung zu thematisieren und vor allem auch unsere eigenen wirtschaftspolitischen Vorschläge in den Vordergrund zu rücken.
Ferner werden wir anlässlich des bevorstehenden internationalen Klimaschutzgipfels in Baku vom 11.-22. November 2024 einen eigenen Klimaschutzantrag in den Bundestag einbringen. Zu unseren Forderungen zählt ein beschleunigter Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft, die konsequente Anwendung der CO2-Bepreisung als Leitinstrument und die Rückgabe der hieraus resultierenden Einnahmen an die Bürger und Unternehmen, beispielsweise durch die Absenkung der Stromsteuer und der Netzentgelte.
Wir wollen Deutschland als Industrieland stärken und bis 2045 klimaneutral machen. Gelingen wird dies nur, wenn wir Wirtschaft, Energie und Klimaschutz als Einheit betrachten und auch danach handeln. Bezahlbare, saubere und sichere Energie ist eine Grundvoraussetzung für unsere Zukunft als Industrie- und Handelsnation. Das erfordert auf dem Weg zum klimaneutralen Industrieland und zur Stärkung von Mittelstand und Handwerk eine Verbesserung der Energieeffizienz, den systemdienlichen weiteren Ausbau aller erneuerbaren Energien sowie von steuerbaren Kraftwerken und Speichern. Auch der Aus- und Umbau der Übertragungs- und der Verteilnetze sowie die Errichtung einer Wasserstoff- und einer CO2-Infrastruktur sind von großer Bedeutung für den Energiestandort Deutschland.
35 Jahre Mauerfall – 35 Jahre Freiheit in ganz Deutschland – Verantwortung und Auftrag.
Mit dem Sturz der Berliner Mauer am 9. November 1989 durch die Menschen in der ehemaligen DDR öffnete sich für sie das Tor zur Freiheit. Der Tag des Mauerfalls war, zusammen mit dem Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990, ein Moment des großen Glücks für unser gesamtes Land – in Ost und West, Nord und Süd. Die Überwindung der kommunistischen Diktaturen in der DDR sowie in Mittel- und Osteuropa ist ein Meilenstein der europäischen Freiheitsgeschichte. Der dadurch möglich gewordene Prozess der europäischen Integration eröffnete vielen Menschen ein Leben in Freiheit, Sicherheit und Chancen. Aus dieser Erfahrung und Dankbarkeit erwächst die Verantwortung, auch heute denen in Europa zur Seite zu stehen, die noch immer um ihre Freiheit kämpfen – etwa den mutigen Menschen in Belarus.
Die DDR war ein Unrechtsstaat. Den Menschen, die in der SED-Diktatur aus Überzeugung und unter Einsatz ihres Lebens oder Inkaufnahme von Repressionen mutig Widerstand geleistet haben, gebührt Hochachtung und Wertschätzung. Noch immer leiden viele Opfer unter den Folgen von politischer Verfolgung, Zersetzung und Repression. Und noch immer gibt es gesetzgeberischen Handlungsbedarf zur Verbesserung der Anerkennung und persönlichen Situation der Opfer. Zu all diesen Themen bringen wir in dieser Woche einen eigenen Antrag ein – auch, um die Bundesregierung an die bisher nicht umgesetzten Versprechen ihres Koalitionsvertrages zu erinnern.
Die Bundesregierung muss endlich tätig werden und ihre dazu vereinbarten Ziele zur Vollendung der inneren Einheit umsetzen. Was hindert sie daran, im Einvernehmen mit den Ländern die Beantragung und Bewilligung von Hilfen und Leistungen für Opfer der SED-Diktatur zu erleichtern und ergänzend einen bundesweiten Härtefallfonds einzurichten? Was hindert die Bundesregierung daran, die Bundesstiftung Aufarbeitung zu stärken und der Geschichte der Demokratie in Deutschland und ihren Orten mehr Sichtbarkeit zu verleihen? Verantwortung für das Zusammenwachsen unseres Landes bleibt in der Ampel-Bundesregierung ein Lippenbekenntnis.
II. Die Woche im Parlament
2.1 Initiativen unserer CDU/CSU-Fraktion
Primärprävention stärken – Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung erhalten. Herz-Kreislauferkrankungen sind mit 358.000 Sterbefällen im Jahr 2022 die häufigste Todesursache in Deutschland. Nach Angaben der Deutschen Herzstiftung erfolgten im Jahr 2022 1.574.352 vollstationäre Krankenhausaufnahmen wegen Herzkrankheiten. Fast 217.000 Menschen sterben jedes Jahr an einer Herzkrankheit Das Risiko für eine Koronare Herzerkrankung oder einen Herzinfarkt sowie andere Erkrankungen kann jedoch durch einen gesunden Lebensstil erheblich verringert werden. Deshalb unterstützen wir mit unserem Antrag – den wir in dieser Woche erstmals beraten – nicht nur den Erhalt der bestehenden Präventionsangebote, sondern setzen uns auch für deren Intensivierung ein. Gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), den maßgeblichen Verbänden, der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Privaten Krankenversicherung wollen wir das Bewusstsein in der Bevölkerung für gesundheitliche Eigenvorsorge und Prävention weiter stärken. Parallel zu unserem Antrag debattieren wir den Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Stärkung der Herzgesundheit in erster Lesung. Kern des „Herzgesetzes“ ist eine bessere Vorsorge. Krankenkassen sollen ihre Versicherten im Alter von 25, 35 und 50 Jahren zum Herz-Check einladen. Die Vorsorge sollen auch Apotheker machen dürfen. Der Entwurf basiert auf einem Impulspapier zur besseren Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bereits im September 2023 publik gemacht hat. Krankenkassen sollen überdies verpflichtet werden, ihren Versicherten strukturierte Behandlungsprogramme (Disease-Management-Programme, DMP) anzubieten. Mit dem Entwurf will die Bundesregierung Schlaganfälle und Herzinfarkte in Deutschland reduzieren. Das Ziel wird von unserer Fraktion unterstützt. Wir kritisieren allerdings die Art und Weise der Bekämpfung jedoch als „Staatsmedizin“ mit fragwürdiger Evidenz. Mit unserem Antrag nehmen wir eine Gegenposition ein, die nicht nur von den Präventionsverbänden, sondern auch von den Krankenkassen unterstützt wird.
Mit unserem Antrag Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit nachhaltig sichern, Strategie zur Stärkung der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie umgehend anpassen – den wir in dieser Woche erstmals beraten – fordern wir die Bundesregierung auf, ihr Strategiekonzept für die Verteidigungsindustrie schnellstmöglich anzupassen. Wir setzen uns für den gezielten Aufbau und Erhalt nationaler Kompetenzen durch Anwendung von Art. 346 AEUV bei Schlüsseltechnologie-Vergaben ein. Das bedeutet: Wenn es für die Wahrung wesentlicher deutscher Sicherheitsinteressen erforderlich sind, kann bei der Beschaffung von Rüstungsgütern vom EU-Vergaberecht abgewichen werden. Weiterhin fordern wir, die Rüstungsindustrie als unverzichtbare Schlüsseltechnologie zu fördern. Die Effizienz bei Exportkontrollen muss gesteigert werden, um Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen zu verhindern. Es bedarf zudem eines optimierten Beschaffungsprozesses, einer klaren Exportpolitik und einer gesellschaftlichen Akzeptanz für eine starke Verteidigungsindustrie. Angesichts neuer Bedrohungen sehen wir die Untätigkeit der Bundesregierung kritisch und fordern die konkrete Umsetzung der in der Nationalen Sicherheitsstrategie angekündigten Maßnahmen.
In einem gemeinsamen Antrag mit den Fraktionen von SPD, Bündnis90/Die Grünen und FPD mit dem Titel Opfer von NS-„Euthanasie“ und Zwangssterilisation – Aufarbeitung intensivieren setzen wir uns für eine umfassende Anerkennung und stärkere Aufarbeitung der NS-Verbrechen gegen die Opfer von „Euthanasie“ und Zwangssterilisation ein. Mit unserem Antrag fordern wir die bundesweite Sicherung von Akten und die Durchführung einer nationalen Fachtagung, um bestehende Forschungslücken zu schließen und die Aufklärung weiter voranzutreiben. Die Erinnerung an die etwa 700.000 Betroffenen und die Aufarbeitung dieser Verbrechen bleibt überparteiliche Verantwortung und darf niemals enden. Wir betonen zudem die Notwendigkeit, die Gedenkstättenarbeit weiter zu fördern. Der Berliner Gedenkort T4 für die Opfer der NS-„Euthanasie“-Morde zeigt die Bedeutung der Erinnerungskultur. Bereits dieser wichtige Gedenkort geht auf einen interfraktionellen Beschluss von 2014 zurück.
In dieser Woche beraten wir drei wichtige wirtschaftspolitische Anträge und Gesetzentwürfe unserer Fraktion. Mit unserem Antrag Insolvenzwelle stoppen – Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen – den wir in dieser Woche erstmals beraten – fordern wir die Bundesregierung auf, dringend Maßnahmen zur Entlastung der Unternehmen angesichts steigender Insolvenzzahlen zu ergreifen. Lange haben Vertreter der Regierung die steigende Zahl an Konkursen heruntergespielt und darauf verwiesen, dass ein Großteil des Anstiegs auf eine Normalisierung nach der Corona-Pandemie zurückzuführen sei. Mittlerweile wurde jedoch das Vor-Corona-Niveau überschritten. Das zeigt: Die derzeitigen Rahmenbedingungen sind für viele Betriebe in Deutschland existenzgefährdend. Insbesondere die hohen Energiepreise und immer weiter steigende Regulierungsanforderungen belasten die Unternehmen und beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit. Hinzu kommen Eingriffe in die Lohnpolitik durch den politisch hochgesetzten Mindestlohn sowie Fehlanreize in der Sozialpolitik, insbesondere durch das Bürgergeld. Unser Antrag umfasst Forderungen wie ein sofortiges Belastungsmoratorium, eine Senkung der Unternehmenssteuern und Energiekosten sowie die Vereinfachung des Arbeitszeitgesetzes. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, Liquidität für tragfähige Geschäftsmodelle zu sichern und so die wirtschaftliche Substanz Deutschlands langfristig zu erhalten.
In abschließender zweiter und dritter Lesung beraten wir überdies unseren Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Handels- und Außenwirtschaftsbeziehungen der Europäischen Union (Handelsoffensivegesetz). Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir die wirtschaftlichen Beziehungen der EU zu Drittstaaten vertiefen. Wir fordern die Ratifizierung von Wirtschaftspartnerschafts- und Investitionsschutzabkommen mit verschiedenen afrikanischen Staaten, sowie mit Singapur und Vietnam. Diese Abkommen sollen die Handelsmöglichkeiten verbessern, Handelshemmnisse beseitigen und Investitionssicherheit schaffen. Sie sind zentral für die Diversifizierungspläne für die wirtschaftliche Zukunft der EU und Deutschlands. Zudem sollen diese Abkommen helfen, neue Arbeitsplätze zu schaffen, Investitionen anzuziehen und eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Abkommen schnell zu ratifizieren.
Abschließend befassen wir uns mit unserem Antrag Exportnation Deutschland stärken mit regelbasierter Handelspolitik statt unrealistischen Forderungen. Das Scheitern der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Australien sowie das zunehmend infrage stehende Handelsabkommen zwischen der EU und dem Mercosur-Raum müssen endlich zu einem handelspolitischen Erwachen und Umdenken der Bundesregierung führen. Handelsabkommen, die teilweise über Jahrzehnte verhandelt wurden, dürfen nicht länger zerredet, mit Nachforderungen im Nachhaltigkeitsbereich überfrachtet und damit leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Es gilt, diese Abkommen endlich zum Abschluss zu bringen und die Verhandlungen über andere wegweisende Handelsabkommen, wie z.B. mit Indien, schnellstmöglich voranzutreiben. Mit unserem Antrag – den wir in dieser Woche abschließend im Plenum des Deutsches Bundestages beraten – fordern wir die Bundesregierung deshalb auf, geschlossen den Abschluss von Handelsabkommen vorantreiben und unterstützen. Deutschland muss hier auch innerhalb der EU eine Führungsrolle übernehmen. Nur mit dem Ausbau bestehender außenwirtschaftlicher Beziehungen mit gleichgesinnten Ländern sowie mit neuen Kooperationspartnern können Lieferketten diversifiziert, einseitige Abhängigkeiten reduziert und die Resilienz der Europäischen Union und Deutschlands erhöht werden.
Gesetzes zur Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland (Zustrombegrenzungsgesetz). Zum 18. November 2023 hat die Ampel-Koalition das Ziel der Begrenzung der Zuwanderung aus dem Aufenthaltsgesetz gestrichen. Die Streichung sollte – so die Begründung der Koalition – widerspiegeln, dass ein „modernes … Einwanderungsrecht ein wichtiges Anliegen und Ziel der Regierungskoalition“ sei (Bundestagsdrucksache 20/7394, S. 24). Die Ampel-Koalition verabschiedete das Gesetz mitten in einer der schwersten Migrationskrisen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Allein im Jahr 2023 wurden über 350.000 Asylanträge gestellt. Die Bedeutung dieser migrationspolitischen Weichenstellung ist nicht zu unterschätzen: Die ausdrücklich genannten Zielbestimmungen des Aufenthaltsrechts sind nicht unverbindliche Aussagen des Gesetzgebers, sondern bilden vielmehr Richtpunkte und feste Vorgaben für die Gesetzesausführung und -auslegung. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir die Zielvorgabe der „Begrenzung“ der Zuwanderung wieder in das Gesetz aufnehmen. Dies wird flankiert von weiteren migrationsbegrenzenden Maßnahmen: So soll der Familiennachzug zu Personen mit subsidiärem Schutz beendet werden. Ferner soll die Bundespolizei eine eigene Zuständigkeit für die Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen für Personen erhalten, die sie im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich (z.B. Bahnhöfe) antrifft. Diese Maßnahmen stellen – zusammen mit umfassenden Grenzkontrollen und Zurückweisungen an den deutschen Grenzen – einen wesentlichen Schritt in Richtung eines Stopps der illegalen Migration nach Deutschland dar. Grenzkontrollen und Zurückweisungen sind allerdings auf Basis des geltenden Rechts bereits möglich, sodass insofern keine gesetzlichen Änderungen erforderlich sind.
Ermittlern notwendige Befugnisse zur Aufklärung von Straftaten geben – Straftatenkataloge in der Strafprozessordnung erweitern, Telekommunikationsüberwachung für den Wohnungseinbruchdiebstahl unbefristet ermöglichen. Mit unserem Antrag, den wir in dieser Woche abschließend beraten, wollen wir die Ermittlungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden stärken und schwere Kriminalität effizienter bekämpfen. Wir setzen uns insbesondere für die Entfristung der gesetzlichen Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung bei Wohnungseinbruchdiebstahl ein. Diese Forderung ist besonders aktuell, denn gerade in dieser Woche plant die Ampel-Koalition eine gesetzliche Regelung für eine bloße Verlängerung der Befristung dieses wichtigen Ermittlungsinstruments. Darüber hinaus fordern wir, das Ermittlungsinstrument der Telekommunikationsüberwachung auch für Verbrechen wie den Enkeltrickbetrug und bestimmte schwere Vergehen zur Verfügung zu stellen. Zudem erneuern wir unsere Forderung nach einer Mindestspeicherfrist für IP-Adressen – nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs – zur Aufklärung schwerer Straftaten. Den Einsatz von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen wollen wir absichern und sprechen uns gegen die von der Ampel-Koalition geplanten neuen Erschwernisse für Polizei und Sicherheitsbehörden aus. Damit unterstützen wir praxistaugliche Rechtsgrundlagen für unsere Ermittlungsbehörden. Die müssen Gefahren abwehren, Kriminalität effektiv aufklären und die Sicherheit der Bürger gewährleisten.
In dieser Woche werden wir unseren Antrag Technologieoffener Klimaschutz im Straßenverkehr – Kein Verbot des klimaneutralen Verbrennungsmotors in abschließender Lesung beraten. Wir wollen, dass Deutschland zukunftsfähige und klimafreundliche Mobilität schafft, ohne auf Verbote von Verbrennungsmotoren zu setzen. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, die Zukunft des klimafreundlichen Verbrennungsmotors in Deutschland dauerhaft zu sichern. Wir stehen für eine technologieoffene Herangehensweise, bei der alle verfügbaren klimafreundlichen Antriebe und Kraftstoffe genutzt werden. Wir treten dafür ein, dass klimafreundliche Kraftstoffe nicht bereits ab 2035 eine 100-prozentige CO₂-Emissionsreduktion über die gesamte Produktionskette erfüllen müssen. Außerdem sollen vergleichbare Maßstäbe für die Bewertung von klimafreundlichen Kraftstoffen und alternativen Antriebssystemen angewendet werden. Dies umfasst auch die Berücksichtigung der gesamten CO₂-Bilanz eines Fahrzeugs über seinen Lebenszyklus hinweg. Mit unserem Antrag fordern wir zudem eine Strategie zur Förderung des Markthochlaufs klimafreundlicher Kraftstoffe.
Vierter Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit für den Zeitraum 2022 – 2024 innerhalb der 20. Wahlperiode vorlegen. Am 5. Januar 2022 berief das Bundeskabinett Frank Schwabe MdB zum Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Damit hat die Bundesregierung sich für eine Fortführung des Amtes entschieden und ist dem Antrag unserer Fraktion „Internationales Engagement für das Menschenrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit fortsetzen – Amt des Beauftragten für weltweite Religionsfreiheit fortführen“ (Drs. 20/267) gefolgt. Dennoch war die Ampel-Koalition bisher nicht bereit, eine Debatte des mit Verzögerung vorgelegten dritten Berichts des Beauftragten im Plenum durchzuführen. Dies unterstreicht die erheblichen Mängel im Einsatz der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit in allen Politikbereichen. Zudem drängt sich der Eindruck auf, dass die Bundesregierung den vierten Bericht des Beauftragten in der Bundesregierung in der 20. Wahlperiode gar nicht mehr vorlegen will. Mit unserem Antrag – den wir in dieser Woche erstmals beraten – fordern wir die Bundesregierung deshalb auf, den Bericht zeitnah vorzulegen. Darüber wollen wir dem Menschenrecht auf Religionsfreiheit mehr Gewicht im Rahmen deutscher Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik einräumen. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit soll die Kooperation auch mit Religionsgemeinschaften fortgeführt werden, um ihre friedensstiftenden Potenziale zu fördern.
In abschließender Beratung befassen wir uns erneut mit unserem Antrag Kormoranmanagement – Schutz von Artenvielfalt und Fischereibeständen. Darin adressieren wir das Problem der sich stark vermehrenden Kormoranpopulationen und deren negativen Einflüsse auf die Fischbestände in Deutschland. Wir erkennen an, dass der Kormoran, früher nahezu ausgerottet, heute durch Schutzmaßnahmen nicht mehr als gefährdet gilt. Jedoch führt der erhöhte Fraßdruck dieser Vögel zu ernsthaften Bedrohungen für die Artenvielfalt der Fischbestände sowie die Binnen- und Seefischerei. Mit unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, ein bundesweites Kormoranmanagement zu etablieren und einen „Aktionsplan Kormoran“ zu entwickeln. Dieser Plan soll Länderverordnungen harmonisieren und Maßnahmen zur Vergrämung sowie zur Eindämmung der Vermehrung des Kormorans beinhalten. Wir betonen die Wichtigkeit von schonenden, populationsbegrenzenden Maßnahmen, wie das Einölen von Eiern, und fordern eine Anpassung im Bundesnaturschutzgesetz, um solche Maßnahmen zu erleichtern. Außerdem soll die Bundesregierung sich auf EU-Ebene für eine Einordnung des Kormorans als bejagbare Art einsetzen, um den Schutz heimischer Fischarten zu gewährleisten.
Mit unserem Antrag Die Mittel aus dem Fonds für Spätaussiedler, jüdische Kontingentflüchtlinge und Härtefälle der Ost-West-Rentenüberleitung den Betroffenen zugutekommen lassen – den wir in dieser Woche erstmals beraten – knüpfen wir an zwei frühere Anträge zwei Anträge zum Härtefallfonds in der Ost-West-Rentenüberleitung, für Spätaussiedler und jüdische Zuwanderer an. Wir fordern wir die Wiederöffnung des Härtefallfonds, um die Unterstützung für die betroffenen Spätaussiedler, jüdischen Zuwanderer und Härtefälle zu verbessern. Über 105.400 Anträge wurde bisher entschieden. Jedoch wurden davon nur 33.586 Anträge bewilligt. 59.035 Anträge wurden abgelehnt. In weiteren 12.779 Fällen hat die Geschäftsstelle Anträge storniert. Von den vom Bund für die Stiftung bereitgestellten 500.000.000 Euro sind 416.035.000 Euro noch nicht verwendet worden. Mit unserem Antrag setzen wir uns dafür ein, die Mittel für den Fonds auf die ursprünglich geplanten 1 Milliarde Euro zu erhöhen. Wir kritisieren die kurzen Antragsfristen. Dadurch wurden viele der hochbetagten Betroffenen an einer Antragstellung gehindert und damit von der Unterstützung ausgeschlossen. Überdies fordern wir eine Erhöhung der einschlägigen Einkommensgrenzen sowie den Ausbau von Informations- und Beratungsangeboten. Durch die erneute Öffnung des Fonds wollen wir sicherstellen, dass die noch vorhandenen Mittel von rund 416 Millionen Euro tatsächlich den Bedürftigen zugutekommen.
In abschließender Beratung befassen wir uns erneut mit unseren Antrag Versprechen der Bundesforschungsministerin einhalten – Zukunft der DDR-Forschung sicherstellen. Wir nehmen Bezug auf eine öffentliche Zusage von Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger zur Fortführung des Engagements des Bundes bei der Förderung der DDR-Forschung. Wir fordern die Bundesbildungsministerin auf, ihr Versprechen einzuhalten. Folgende Forderungen sind uns wichtig: Wir brauchen langfristige Förderung zur DDR-Forschung und müssen diese so aufzusetzen, dass nach Auslaufen der aktuellen „Richtlinie zur Förderung von Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der DDR-Forschung im Rahmenprogramm Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften“ keine Förderlücke entsteht. Darüber hinaus müssen alle relevanten Akteure im Bereich der DDR-Forschung frühzeitig in die Erarbeitung der versprochenen Förderlinien eingebunden werden und der Deutsche Bundestag detailliert über den Zeitplan und Fortgang des Arbeitsprozesses zu unterrichtet werden. Die Projektförderung des Bundes im Bereich der DDR-Forschung muss nahtlos fortgeführt werden.
2.2 Sonstige Tagungsordnungspunkte
Gesetz zur Anpassung des Treibhausgas-Emissionshandels-gesetzes an die Änderung der Richtlinie 2003/87/EG. Mit dem Gesetzentwurf will die Ampel-Koalition die Vorgaben der beiden Richtlinien (EU) 2023/958 (Luftfahrt) und (EU) 2023/959 (Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten) in nationales Recht umsetzen. Beide Richtlinien betreffen Änderungen der Emissionshandels-Richtlinie 2003/87/EG. Emissionshandel ist ein marktbasiertes Instrument zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen. Dabei wird eine Obergrenze für den CO2-Ausstoß festgelegt. Unternehmen erhalten Zertifikate, die ihnen erlauben, eine bestimmte Menge CO2 zu emittieren. Dieses System belohnt Emissionsreduktionen finanziell und macht klimaschädliches Verhalten teurer, wodurch es zur Senkung der Gesamt-Emissionen beiträgt. Zum einen soll mit der Änderung des Gesetzes über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen (TEHG) das Ziel verfolgt werden, die beiden Änderungsrichtlinien vollumfänglich umzusetzen. Zum anderen sollen über Änderungen des Gesetzes über einen nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen (BEHG) in Artikel 2 die rechtlichen Voraussetzungen für eine Überführung des nationalen Brennstoffemissionshandels (nEHS) in den neuen europäischen Brennstoffemissionshandel geschaffen werden. Zugleich verfolgt der Gesetzentwurf das Ziel einer Kontinuität der CO2-Bepreisung, damit sämtliche Brennstoffe, die der CO2-Bepreisung nach dem BEHG unterliegen, auch innerhalb des künftigen europäischen Emissionshandels einer CO2-Bepreisung unterliegen. Dies betrifft in Deutschland im Wesentlichen den Einsatz fossiler Brennstoffe in der Land- und Forstwirtschaft, im Schienenverkehr und Binnenschifffahrt sowie bei der Abfallverbrennung. Aus unserer Sicht bestehen an dem Entwurf mehrere Kritikpunkte: So haben wir bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Umsetzungsfristen für die Änderungen mittlerweile verstrichen sind. Daher wurden Vertragsverletzungsverfahren eröffnet bzw. drohen. Überdies kritisieren wir die Einbeziehung der Abfallverbrennung und prüfen kritisch die CO2-Bepreisung im Jahr 2026 im BEHG. Hier könnte aus Vereinfachungsgründen ein Festhalten am bisherigen Festpreissystem präferiert werden. Die gesamte Thematik des Übergangs vom nationalen auf den europäischen Emissionshandel werden wir in diesem parlamentarischen Verfahren einbeziehen. Wir werden kritisch das Verfahren begleiten und im Ausschuss eine öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf der Ampel beantragen.
III. Wichtige Termine und Ausblick
- Inland
- November: Vorstellung des „IEA World Energy Outlook & Energy Technology Perspectives 2024“ mit BM Habeck und IEA-Exekutivdirektor Birol,
- -8. November: Energieministerkonferenz,
- November: Steuerzahlerkongress des Bund der Steuerzahler Deutschland,
- November: BK Scholz hält eine Rede beim Forum der Betriebsräte der Deutschen Telekom AG,
- November: Deutscher Pflegetag mit BM Lauterbach,
- November: Zentrale Gedenkfeier 35 Jahre friedliche Revolution und Mauerfall mit BPräs Steinmeier,
- November: „Neuhardenberger Rede“ von BM Habeck und Diskussion mit Theo Koll,
- November: BK Scholz spricht auf der Jubiläumsveranstaltung zum 75-jährigen Bestehen des Deutschen Journalisten-Verbands,
- November: Dialogveranstaltung der SPD in Mainz mit PV Klingbeil, PV Esken, MP Schweitzer, BM Geywitz, GS Miersch,
- -13. November: Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland.
- Außen/EU:
- November: US-Präsidentschaftswahlen und Wahlen zum Kongress,
- November: Wirtschafts- und Finanzministerrat (Aufbau- und Resilienzfazilität, Mehrwertsteuer, Finanzierung der Klimapolitik, wirtschaftliche und finanzielle Folgen der Aggression Russlands gegen die Ukraine),
- November: BK Scholz empfängt den somalischen Staatspräsidenten Hassan Sheikh Mohamud,
- November: Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (fünftes Treffen des durch den französischen Staatspräsidenten Macron ins Leben gerufenen Treffens; Themen: Sicherheit, Migration),
- -8. November: Informeller Europäischer Rat (Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, transatlantische Beziehungen nach der US-Wahl),
- -16. November: APEC-Gipfel in Lima,
- November: Beginn der Weltklimakonferenz in Baku, Aserbaidschan.