Viernheim. Wie fühlen sie sich im neuen Rathaus, wollte der Bergsträßer Bundestagsabgeordnete Dr. Michael Meister bei seinem Besuch von Bürgermeister Matthias Baaß und 1. Stadtrat Jörg Scheidel wissen. Baaß wie auch Scheidel sind begeistert von dem neuen Zuhause in der Ellipse: „Dies ist ein wichtiger Schritt in die Zukunft einer modernen Verwaltung“. Die gesamte Verwaltung wird noch umziehen, mit Ausnahme des Sozial- und Standesamtes, des Amtes für öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie des Büros der Gleichstellungsbeauftragten.
Wie es letztendlich mit dem alten Rathaus weitergehen wird, ist noch nicht geklärt. Baaß ist aber der Auffassung, dass gerade mitten in der Stadt nicht nur die Stadtverordneten, sondern auch die Bevölkerung frühzeitig in den Denkprozess mit eingebunden werden müsse. Neben dem spannenden Prozess und der Herausforderung der Innenstadtentwicklung gibt es weitere vielfältige Aufgaben im Bereich der Stadtplanung, die zurzeit von einer einzigen Stadtplanerin bewältigt werden müssen, aber nach Scheidels Auffassung kapazitiv nicht abgedeckt werden können. Viernheim suche deswegen mindestens eine weitere Fachkraft für die Städteplanung, die derzeit jedoch sehr schwer zu finden sei.
„Zu wenig Geld für Investitionen“, so beurteilt Baaß die Finanzlage seiner Gemeinde. Die Gewerbesteuer im letzten Jahr sei in einer Höhe von 20 Millionen unerwartet hoch gewesen. Allerdings gibt Baaß zu bedenken, dass auch weitere Kosten auf seine Gemeinde zugekommen seien. So seien etwa hohe Lohnsteigerungen, aber auch Steigerungen von Energiekosten auf seine Gemeinde zugekommen. Des Weiteren habe Viernheim wie alle Gemeinden eine Vielzahl von finanziellen gesetzlich geregelten Vorgaben, weshalb der Entscheidungsspielraum für Investitionen trotz der hohen Gewerbesteuereinnahmen nur sehr gering sei. So seien etwa die gesetzlich garantierten Kindergartenplätze derzeit nicht gewährleistet, weshalb auch die Schaffung neuer Plätze finanziert werden müssten. So sei geplant, dass im Erdgeschoss des alten Rathauses Platz für die Kinderbetreuung geschaffen werde. Hier bemängeln Baaß und Scheidel, hohe bürokratische Hürden.
Mit den Nachbargemeinden Weinheim, Hemsbach und Laudenbach auf Baden-Württembergischer und Birkenau und Gorxheimer Tal auf Hessischer Seite habe man schon vor 50 Jahren einen gemeinsamen Abwasserverband gegründet. Während von Baden-Württembergischer Seite der Ausbau der 4. Stufe bereits gefördert werde, warte man immer noch auf die Antwort der Hessischen Landesregierung. Baaß hofft, dass er nun auf eine Sachstandsanfrage vom neuen Umweltminister schneller eine Antwort erhalten werde.
Die Flüchtlingssituation ist derzeit in seiner Gemeinde kein Thema großer öffentlicher Debatten. In einem alten Gebäude einer Logistik-Firma habe man ca.150 Flüchtlinge unterbringen können, ein zweiter Standort für weitere 150 Personen werde im März in Betrieb genommen. Auch suche und wähle man Standorte für Containerwohnungen immer für die Anwohner so verträglich wie möglich aus.
Sorge macht Baaß die generelle Unzufriedenheit mit der Politik. Dies sei in der Bevölkerung das vorherrschende Thema. Es bestehe die Gefahr, dass dies auch auf die Kommunalpolitik abfärbe. Baaß stören insbesondere die hohen bürokratischen Hürden. Es müsse seines Erachtens möglich sein, die Verantwortung auf kommunale Ebene abzugeben, wodurch diese Hürden abgeschafft würden. Sowohl er als auch Scheidel seien gerne bereit, diese Verantwortung zu übernehmen, zumal hierdurch Entscheidungsprozesse oder Vorhaben extrem beschleunigt würden. Nach Beendigung der Maßnahmen könnten dann etwa das Regierungspräsidium oder das Land Hessen stichprobenartig immer wieder die Richtigkeit auf kommunaler Ebene überprüfen.
Zum Abschluss des Besuches zeigten Baaß und Scheidel noch Meister die neuen Büroräume und deren modernste Ausstattungen.