Friedrich Merz MdB, Vorsitzender

Bericht des Vorsitzenden zur Sitzung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag am 14. November 2023

 

1. Kernbotschaften der Woche

Unser Leitantrag „Der Ukraine zum Sieg verhelfen – für eine umfassende und kontinuierliche Unterstützung der Ukraine“.

Seit fast zwei Jahren verteidigen die Ukrainer ihr Land gegen den völkerrechtswidrigen und brutalen Angriff Russlands. Die Ukraine verteidigt dabei nicht nur ihr eigenes Territorium, sondern auch unsere Freiheit und die europäische Sicherheitsarchitektur. Aktuell ist die ukrainische Gegenoffensive ins Stocken geraten. Umso wichtiger ist es, die Ukraine weiter entschlossen und wirkungsvoll zu unterstützen.

Unser Ziel ist und bleibt die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine in den völkerrechtlich anerkannten Grenzen. Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen. Sie muss die dafür notwendige politische, militärische und finanzielle Unterstützung erhalten. Dabei kommt es insbesondere auf den Faktor Zeit sowie die Qualität und Quantität der Unterstützung an. Im Gegensatz zur Bundesregierung legen wir ein umfassendes Maßnahmenpaket vor, mit dem wir die Ukraine kurz-, mittel- und langfristig in ihrem Freiheitskampf unterstützen. Das heißt auch, dass der Ukraine endlich und unverzüglich die lang erbetenen TAURUS-Marschflugkörper im größtmöglichen Umfang geliefert werden müssen. Zusätzlich ist es unerlässlich, die Ukraine in eine Sicherheitsarchitektur einzubinden. Die EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine muss mit Leben gefüllt und formale Beitrittsgespräche aufgenommen werden. Dabei ist klar, dass auf dem weiteren Weg die Beitrittskriterien erfüllt und die Integrationsfähigkeit der Europäischen Union berücksichtigt werden müssen.

Unser Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Asylbewerberleistungsgesetzes.

Die Anzahl der Asylbewerber in Deutschland ist aktuell sehr hoch. Die Länder und Kommunen sind inzwischen zunehmend überfordert. Ihre Infrastruktur, also z.B. das Schulsystem, die Kitas und auch Teile der Gesundheitsversorgung, gelangen an ihre Grenzen. Ein Grund für die große Zahl der Asylberber in Deutschland ist eine hohe Sekundärmigration aus anderen EU-Staaten. Diese Sekundärmigration beruht u.a. auf unseren großzügigen Sozialleistungen: Bereits nach 18 Monaten werden bisher aus „Asylbewerberleistungsberechtigen“ sogenannte „Analogleistungs-berechtigte“, die einen Anspruch auf Leistungen in Höhe des Bürgergeldes haben.

Wir wollen die Bezugsdauer der Asylbewerberleistungen von 18 auf 36 Monate ausweiten. Das umfasst auch die verringerten medizinischen Leistungen. Grund dafür ist neben den o.g.  Argumenten auch, dass sich die Laufzeit der Asylverfahren in Deutschland, die ein Grund für die Dauer der abgesenkten Leistungen ist, teilweise deutlich verlängert hat.

Wir müssen derzeit alles tun, was dazu beträgt, die Zahl der Asylbewerber in Deutschland zu reduzieren, um unsere Infrastruktur vor dem Kollaps zu bewahren und die Akzeptanz des Asylrechts in der Bevölkerung zu erhalten. Mit der Verlängerung der Bezugsdauer für abgesenkte Asylbewerberleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz setzten wir zügig eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern um. Dies ist jedoch nur eine erste Maßnahme, ein Anfang. Weitere Regelungen müssen folgen.

Unsere Gesetzentwürfe zum Kampf gegen Antisemitismus.

Wir blicken mit Abscheu auf den aus Anlass des Hamas-Terrors bei Kundgebungen und Demonstrationen in Deutschland offen zutage tretenden Hass und Antisemitismus. Die Zurschaustellung von Freude über Tod von Jüdinnen und Juden ist unerträglich und muss alle nach den Regeln des Rechtsstaats möglichen Konsequenzen nach sich ziehen.

Bedauerlicherweise hat sich gezeigt, dass die strafrechtlichen Sanktionen und ausländerrechtlichen Handlungsmöglichkeiten des deutschen Rechtsstaats noch nicht den Erfordernissen genügen. Deshalb bringen wir in dieser Woche zwei Vorlagen mit dringend notwendigen Gesetzesverschärfungen in den Deutschen Bundestag ein: Das „Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Bekämpfung von Antisemitismus, Terror, Hass und Hetze“ sowie das „Gesetz zur Beendigung des Aufenthalts und Verhinderung der Einbürgerung antisemitischer Ausländer“.

Beide Gesetzentwürfe greifen den Regelungsbedarf auf, den wir bereits in der vergangenen Woche in unserem Entschließungsantrag zur Vereinbarten Debatte „Historische Verantwortung wahrnehmen – Jüdisches Leben in Deutschland schützen“ festgestellt haben: Im Strafrecht braucht es Anpassungen bei den Delikten der Volksverhetzung, des Landfriedensbruchs und der Sympathiewerbung für Terrororganisationen. Im Ausländerrecht wollen wir sicherstellen, dass antisemitische Ausländer nicht eingebürgert werden können und bei antisemitischen Straftaten unser Land wieder verlassen.

 

2. Die Woche im Parlament

2.1 Initiativen unserer CDU/CSU-Fraktion

Rückzug der Bundesregierung aus der internationalen Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung stoppen – Deutsche Vermittlerorganisationen stärken. Die Regierungskoalition hat im Koalitionsvertrag ein Versprechen abgegeben: „Wir werden die institutionelle Förderung von Deutschem Akademischen Austauschdienst (DAAD) und Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) analog zum Pakt für Forschung und Innovation erhöhen." (S. 19). In unserem Antrag stellen wir fest: Das Gegenteil ist der Fall. Die Regierungskoalition kürzt bei den beiden weltweit anerkannten deutschen Vermittlerorganisationen. Die AvH hat bereits öffentlich angekündigt, Konsequenzen für ihr Fördergeschäft ziehen zu müssen. So müsse u.a. das prestigeträchtige Bundeskanzler-Stipendium für Nachwuchsführungskräfte eingestellt werden. Diese Prioritätensetzung der aktuellen Bundesregierung ist aus unserer Sicht falsch. Sie schwächt Deutschland dabei, internationale Partnerschaften zur Lösung von großen globalen Herausforderungen wie z.B. den Klimawandel zu vertiefen. Es gilt, die internationale Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung strategisch auszubauen und die herausragend wichtige Arbeit der AvH und des DAAD entsprechend zu stärken. Parallel dazu debattieren wir den Antrag der Ampelfraktionen Eine interessens- und wertegeleitete Internationalisierung von Wissenschaft und Hochschulbildung.

Fairen Strukturwandel in den ostdeutschen Kohleregionen ermöglichen – Verunsicherungen beenden. Mit dem Strukturstärkungsgesetz wurde im Jahr 2020 der Rahmen für die Gestaltung und finanzielle Absicherung des Strukturwandels in den vom Kohleausstieg betroffenen Regionen bis 2038 gesetzt. Durch eine vorherige sorgfältig austarierte Einigung zwischen Wirtschaft, Politik, Klimaschützern und Wissenschaftlern wurde der Zeitpunkt 2038 als Ergebnis der sogenannten Kohlekommission vereinbart – ein beispielhaft breiter gesellschaftlicher Konsens. Die Regionen in Ostdeutschland haben sich entsprechend zu dem geplanten Ausstieg bis 2038 bekannt. Die aktuell von der Bundesregierung begonnene Debatte um einen noch früheren Ausstiegszeitpunkt lehnen wir deshalb ab. Diese Diskussion konterkariert die Gestaltung des Strukturwandels in den ostdeutschen Kohleregionen. Es verkennt die wasserwirtschaftlichen Folgen des Braunkohleausstiegs für Ostdeutschland vollständig und blendet Fragen der Energieversorgungssicherheit aus. Zudem wird dadurch der politische und gesellschaftliche Konsens zum Kohleausstieg in den Regionen und mit den Regionen insgesamt gefährdet.

Wiederaufbau der Ukraine fördern – Gewährleistungsrahmen des Bundes nutzen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat auch die Wirtschaft des Landes schwer getroffen. Dies betrifft auch die Landwirtschaft der Ukraine, die oftmals als die Kornkammer Europas bezeichnet wird und die auch für die Versorgung vieler Menschen im Globalen Süden von enormer Bedeutung ist. Bereits heute sollten wir ­die Landwirtschaft in der Ukraine dabei unterstützen, die Folgen des Krieges zu überwinden. Mit unserem Antrag – den wir in dieser Woche abschließend beraten – fordern wir, dass Deutschland hierbei eine führende Rolle übernimmt. Der Antrag zeigt auf, wie privatwirtschaftliche Investitionen mit Fokus auf den Agrarsektor in der Ukraine mit Unterstützung des Bundes gefördert werden können: Durch die Öffnung des Gewährleistungsrahmens des Bundes für Geschäfte der Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG). Die DEG, die sich als Tochter der KfW-Entwicklungsbank in staatlicher Hand befindet, kann bei der Schaffung des Rahmens für die notwendigen Investitionen in die Wirtschaft der Ukraine einerseits unterstützen. Mit unserem Antrag – den wir abschließend beraten – zeigen wir auf, wie wir den Wiederaufbau der Ukraine und damit gleichzeitig die weltweite Lebensmittelversorgung unterstützen können. Parallel bringen wir zudem unseren Antrag Unterstützung für die Ukraine konsequent fortsetzen – Lieferung des TAURUS-Marschflugkörper entscheiden ein. Darin fordern wir die Bundesregierung auf, endlich die TAURUS-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern.

In abschließender zweiter und dritter Lesung befassen wir uns mit unserem Entwurf für ein Gesetz zur Einstufung Georgiens und der Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten. Die Zahl der Asylanträge in Deutschland ist in den letzten Jahren und insbesondere in den letzten Monaten deutlich angestiegen. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 244 132 Anträge gestellt. Seit Mitte 2022 hat sich diese Entwicklung noch einmal stark beschleunigt. Darunter sind immer noch viele Asylanträge, die von vornherein sehr geringe Erfolgsaussichten haben. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl, Flüchtlingsschutz oder subsidiärem Schutz liegen insbesondere bei Antragstellern aus Georgien und der Republik Moldau nur in wenigen Einzelfällen vor. Im Zeitraum von Januar 2021 bis Mai 2023 war dies nur in 24 von 14 180 entschiedenen Asylverfahren (0,17 Prozent) von georgischen Staatsangehörigen und nur in sechs von 11 498 entschiedenen Asylverfahren (0,05 Prozent) von moldawischen Staatsangehörigen der Fall. Durch die zahlreichen aus nicht asylrelevanten Motiven gestellten Asylanträge werden Bund, Länder und Kommunen mit erheblichen Kosten für die Durchführung der Verfahren sowie für die Versorgung der in Deutschland aufhältigen Asylsuchenden belastet. Dies geht im Ergebnis zu Lasten der tatsächlich schutzbedürftigen Asylsuchenden, da für sie weniger Kapazitäten zur Verfügung stehen. Wir wollen Georgien und Moldau deshalb als sichere Herkunftsstaaten einstufen. Die politische Entscheidung seitens der Bundesregierung für eine Einstufung wurde bereits auf der Ministerpräsidentenkonferenz im Mai getroffen. Es ist vollkommen unverständlich, warum die Koalition bis jetzt gebraucht hat, um diesen simplen Gesetzentwurf abzuschließen. Nicht nachvollziehbar ist zudem, warum die Koalition unseren Entwurf ausgebremst hat, um ihren eigenen weitgehend gleichlautenden Entwurf einzubringen.

Digitalstrategie zur Chefsache machen. Der Digital-Gipfel der Bundesregierung findet am 20./21. November 2023 in Jena statt. Aus Anlass des Gipfels ziehen wir eine Zwischenbilanz nach zwei Jahren Ampel-Digitalpolitik. Als Ergebnis stellen wir unserem Antrag fest: Deutschland verschläft unter der Ampel-geführten Bundesregierung die Digitalisierung. Die Bundesregierung ruht sich ausschließlich auf den Fortschritten der vorherigen, CDU/CSU-geführten Bundesregierung aus. Eigene Projekte: Fehlanzeige. Fortgesetzt von den Projekten der Vorgängerregierung wird dagegen in Ansätzen etwa die Breitbandförderung – leider nur eingeschränkt mit Antragsstopp im Jahr 2022 und einem sehr späten Start kurz vor Ostern im Jahr 2023. Ob und wie die digitale Bildung, welche die CDU/CSU-geführte Bundesregierung u.a. mit dem Digitalpakt Schule vorangetrieben hatte, durch die Ampel fortgesetzt wird, ist bis heute offen. Auch im OZG-Prozess – der flächendeckenden Digitalisierung von Verwaltungsleistungen – hat die Bundesregierung Tempo und Verbindlichkeit herausgenommen und die Mittel reduziert. Die von der Vorgängerregierung auf den Weg gebrachte Registermodernisierung wird seit zwei Jahren aufgehalten.

Arbeitende Mitte stärken – Steuerbelastung senken. Mit unserem Antrag, den wir in erster Lesung beraten, fordern wir: Die Arbeitende Mitte muss durch Senkung der Steuerbelastung gestärkt werden. Hierzu fordern wir die Bundesregierung auf, den Grundfreibetrag und den Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum um 12 Prozent anzuheben und das Kindergeld für 2024 entsprechend anzuheben und die bis 2022 bestehende Stufung für kinderreiche Familien ab dem dritten und vierten Kind wiedereinzuführen.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über europäische grenzübergreifende Vereine; hier: Begründete Stellungnahme gemäß Artikel 6 des Protokolls Nr. 2 zum Vertrag von Lissabon (Prüfung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit). Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission sieht die Schaffung einer neuen Rechtsform für Vereine ohne Erwerbszweck vor. Die Mitgliedstaaten sollen in ihrem Rechtssystem die Rechtsform „europäischer grenzübergreifender Verein – „European cross-border association“ (ECBA) – festlegen. Diese neue Rechtsform überlagert die nationalen Rechtsformen für Vereine ohne Erwerbszweck. Die gewählte Regelungsmethode, eine neue Rechtsform durch die verpflichtende Integration in die mitgliedsstaatlichen Rechtssysteme durch eine Richtlinie zu schaffen, ändert nichts daran, dass der ECBA im Kern eine neue europäische Rechtsform ist. Aus unserer Sicht ist dieser Richtlinienvorschlag abzulehnen, denn er verstößt gegen den EU-rechtlichen Grundsatz der Subsidiarität. Die Schaffung einer neuen Rechtsform, welche die nationalen Rechtsformen für Vereine ohne Erwerbszweck überlagert, kann nicht auf Art. 114 AEUV gestützt werden. Schließlich ist der Richtlinienvorschlag auch unverhältnismäßig, da er die Möglichkeit von Vereinsverboten – ein wichtiges Mittel im Kampf gegen politischen Extremismus – stark einschränkt.

Finanzierung der Betreuungsvereine und der Betreuer sicherstellen – Strukturen erhalten. Die Betreuervergütung ist nach einer Erhöhung im Jahr 2019 unverändert geblieben; seither haben sich die Kosten für Organisation, Fahrtkosten, Tarifsteigerungen und Energiekosten stark erhöht. Mit unserem Antrag – den wir in dieser Woche abschließend beraten – fordern wir die Bundesregierung deshalb auf, substanzielle Verbesserungen für die Betreuer zu erreichen. Die öffentliche Anhörung zu unserem Vorschlag – unter Beteiligung zahlreicher Experten – hat ergeben, dass die Finanzierungssituation der Betreuungsvereine und freien Betreuer prekär ist. Parallel dazu debattieren wir den Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Regelung einer Inflationsausgleichs-Sonderzahlung für berufliche Betreuer, Betreuungsvereine und ehrenamtliche Betreuer und zur Änderung des Betreuungsorganisationsgesetzes.

Arzneimittelversorgung sicherstellen – Versorgungssicherheit gewährleisten. In unserem Antrag – den wir in dieser Woche erstmalig beraten – werden angesichts der sich verstetigenden Medikamentenengpässe zahlreiche Maßnahmen gefordert, um die Rahmenbedingungen für Arzneimittelhersteller zu verbessern. Auch soll der Pharmadialog als Dialogformat wiederbelebt werden. Zugleich sollen die Vor-Ort-Apotheken eine stärkere Stellung erhalten, um die Abgabe von Arzneimittel besser bewerkstelligen zu können. Insbesondere auf Kinderarzneimittel legen wir unserem Antrag einen Fokus. Wir fordern eine ausgewogene Mischung von Maßnahmen, die zur Bewältigung von Lieferengpässen und Versorgungsmängeln bei Arzneimitteln beitragen. Wir greifen zudem viele Punkte auf, die auch von der Ministerpräsidentenkonferenz am 6. November im Beschluss „Sicherstellung der Arzneimittelversorgung“ gefordert wurden und damit für die Bundesregierung und die Koalition eigentlich selbstverständlich sein müssten.

Generalverdacht gegen den öffentlichen Dienst verhindern – Prävention gegen Extremismus stärken, Disziplinarverfahren im bestehenden System beschleunigen. An der Integrität unserer Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten gibt es keine ernsthaften Zweifel. Alle Untersuchungen und Lageberichte der letzten Jahre zeigen übereinstimmend, dass unsere Staatsdienerinnen und -diener bis auf sehr wenige Ausnahmen fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Unter Demokraten sollte aber Einigkeit herrschen: Jeder extremistische Einzelfall ist einer zu viel. Menschen mit extremistischen und verfassungsfeindlichen Ansichten und Handlungen haben im Staatsdienst nichts verloren. Wer hoheitlich tätig wird, darf dies ausschließlich in dem vom Grundgesetz vorgegebenen und durch Recht und Gesetz ausgestalteten Rahmen tun. Mit unserem Antrag – den wir in dieser Woche abschließend beraten – verfolgen wir deshalb das Ziel, Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung schneller aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen und möglichen Tendenzen bereits im Vorfeld konsequent entgegenzuwirken. Parallel dazu debattieren wir den Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Beschleunigung der Disziplinarverfahren in der Bundesverwaltung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung führt zu einer Änderung dahingehend, dass mit einer Abschaffung der Disziplinarklage Bundesbeamtinnen und -beamte zunächst der Entscheidung der Dienstbehörde ausgesetzt wären und sich nur durch eine Klage gegen ihre Behörde im Dienstverhältnis halten können. Diesen Entwurf lehnen wir ab. Er wird von den Beamtengewerkschaften als nicht geeignet kritisiert und ist Ausdruck des Misstrauens gegen unsere Beamtinnen und Beamten. Der Bund ginge mit dem Gesetzentwurf einen Sonderweg mit ungewissem Ausgang und würde damit den verfassungs- und dienstrechtlichen Konsens in Bund und Ländern brechen.

2.2 Sonstige Tagesordnungspunkte

Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag. Mit dem Gesetz will die Ampel das Transsexuellengesetz in Deutschland ersetzen. Nach dem Gesetzentwurf soll transsexuellen, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen ermöglicht werden, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen ohne Gutachten oder Beratung und gerichtliche Entscheidungen zu ändern. Die Änderungen sollen beim Standesamt mit einer „Erklärung mit Eigenversicherung“ möglich sein. Laut Gesetzentwurf kann nach einem Jahr erneut eine Erklärung zur Änderung des Geschlechtsantrages und des Vornamens abgegeben werden. Für Minderjährige sollen grundsätzlich die gleichen Regeln gelten. Kinder bis 14 Jahre sollen durch bloße Erklärung ihrer Eltern den Geschlechtseintrag ändern können. Jugendliche ab 14 Jahren sollen eine Änderung selbst erklären können. Die Erklärung bedarf der Zustimmung der Sorgeberechtigten. Stimmen die Eltern als gesetzliche Vertreter nicht zu, so ersetzt das Familiengericht die Zustimmung, wenn die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht. Können sich die Eltern nicht einigen, kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils diesem die alleinige Entscheidung übertragen. Maßstab ist das Kindeswohl. Das Gesetz verbietet mit dem Offenbarungsverbot zudem die Offenlegung früherer Geschlechtseinträge oder Namen gegen den Willen der betroffenen Menschen. Bei Verstößen gegen das Offenbarungsverbot, bei denen eine schädigende Absicht gegen die betroffene Person vorliegt, können Bußgelder bis zu 10.000 Euro verhängt werden. Enge Verwandte sind vom Offenbarungsverbot ausgenommen. Mit dem Gesetzentwurf wird für den Zugang zu Einrichtungen und Räumen sowie zur Teilnahme an Veranstaltungen auf die Vertragsfreiheit und das Hausrecht des jeweiligen Eigentümers oder Besitzers sowie das Recht juristischer Personen, ihre Angelegenheiten durch Satzung zu regeln, verwiesen. Das Gesetz trifft keine Bestimmungen in Bezug auf medizinische Maßnahmen zur Angleichung der Geschlechtsmerkmale. Hier gelten weiterhin die einschlägigen medizinischen Regelungen und Leitlinien.

Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz). Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung die Zukunftsfähigkeit des Finanzstandorts Deutschland sichern und die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Aktie als Vermögensanlage verbessern. Dies betrifft insbesondere die Mitarbeiterkapitalbeteiligung, den persönlichen Vermögensaufbau und damit auch die Altersvorsorge. Start-ups, Wachstumsunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) soll der Zugang zum Kapitalmarkt erleichtert und zugleich Investitionen in erneuerbare Energien gefördert werden. Dazu sollen Regelungen im Finanzmarktrecht, Gesellschaftsrecht und Steuerrecht weiterentwickelt werden. Wir schlagen in unseren Anträgen zahlreiche Verbesserungen vor.

Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze. Ziel des Vorschlags der Bundesregierung ist, die Grundlagen für eine flächendeckende Wärmeplanung in Deutschland zu schaffen und die Treibhausgasneutralität der Wärmeversorgung weiter voranzutreiben. Nach dem Gesetzentwurf sind die Länder verpflichtet sicherzustellen, dass bis zum 30. Juni 2026 für Großstädte und bis zum 30. Juni 2028 für Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern Wärmepläne erstellt werden. Ein weiteres Ziel des Gesetzes ist es, bis 2030 die Hälfte der leitungsgebundenen Wärme klimaneutral zu erzeugen und bis 2030 und 2040 Wärmenetze mit einem Anteil von 30 bzw. 80 Prozent aus erneuerbaren Energien oder Abwärme zu speisen. Das Gesetz zur Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze kann ein wichtiger Beitrag für die erfolgreiche Umsetzung der Wärmewende und zur Erreichung von Klimaneutralität bis 2045 werden. Entfaltungspotential und gesellschaftliche Akzeptanz der Wärmewende hängen maßgeblich davon ab, dass das Gesetz nicht nur gut gedacht, sondern vor allem gut gemacht ist. Nach dem Fiasko bei der GEG-Novelle hat die Ampel-Regierung allerdings immer noch nicht verstanden, was das bedeutet: Ein inhaltlich tragfähiges, handwerklich solides und bei Menschen, Kommunen und Wirtschaft akzeptiertes Gesetz vorzulegen. Für das Wärmeplanungsgesetz bedeutet dies konkret, dass Chancengleichheit, Versorgungsvielfalt, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit gewährleistet sein müssen. Das ist im vorgelegten Entwurf nicht der Fall – es wurden falsche strategische Entscheidungen getroffen, handwerkliche Fehler bei der Gesetzgebung gemacht und die Kritik von Sachverständigen ignoriert. Mit diesem Gesetzentwurf wird die Ampel daher nicht nur weiteres Vertrauen verspielen, sondern auch den Klimaschutz nicht voranbringen.

Gesetz zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts. Das geltende Namensrecht in der Bundesrepublik Deutschland ist – gerade im internationalen Vergleich – sehr restriktiv und wird aufgrund der vielfältigen Lebenswirklichkeit der Gegenwart den Bedürfnissen von Familien nicht mehr gerecht. Der Entwurf der Bundesregierung – den wir im Grundsatz befürworten – sieht u.a. Folgendes vor: Die namensrechtlichen Möglichkeiten bei der Geburtsnamens- und Ehenamensbestimmung werden durch die Möglichkeit der Bildung von Doppelnamen für Kinder und Ehegatten erweitert. Die namensrechtlichen Traditionen der in Deutschland anerkannten nationalen Minderheiten und im Hinblick auf geschlechtsangepasste Formen des Familiennamens auch von Personen mit Migrationshintergrund werden berücksichtigt. Der Zwang zur Namensänderung nach einer Erwachsenenadoption wird aufgehoben. Insbesondere die Einführung von echten Doppelnamen für beide Ehepartner entspricht den Erwartungen der Menschen an das Namensrecht. Kritisch zu sehen ist hingegen die Aufhebung des Zwangs zur Namensänderung bei Erwachsenenadoptionen, da dies eine "Rosinenpickerei" bei diesem Rechtsinstitut begünstigt.

In dieser Woche beraten wir zudem in abschließender zweiter und dritter Lesung zwei Entwürfe der Bundesregierung zum Nachrichtendienstrecht: Das Gesetz zum ersten Teil der Reform des Nachrichtendienstrechts sowie das Gesetz zur Änderung des BND-Gesetzes. Das Nachrichtendienstrecht ist nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an einigen Stellen anzupassen. Mit Beschluss vom 28. September 2022 hat das Bundesverfassungsgericht die Übermittlungsvorschriften – also die Regelungen zum Informationsaustausch zwischen den Nachrichtendiensten und der Polizei – in Staatsschutzangelegenheiten für teilweise verfassungswidrig erklärt. Daher sind die Übermittlungsvorschriften an diese Vorgaben im BND-Gesetz, im Bundesverfassungsschutzgesetz und im Artikel 10-Gesetz anzupassen. 

In abschließender zweiter und dritter Lesung befassen wir uns mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz). Mit der Gesetzesnovelle will die Bundesregierung endlich zur bisherigen Aufnahmepraxis von Spätaussiedlern zurückkehren. Dabei geht es um die Frage, wie die Zugehörigkeit zum deutschen Volks­tum festgestellt wird, wenn in den lokalen Personaldokumenten des Antragstellers eine andere (nicht-deutsche) Nationalität oder Volkszugehörigkeit eingetragen ist. Viele Personen im postsowjetischen Raum haben aus Furcht vor Diskriminierung oder Stigmatisierung eine andere als die deutsche Volkszugehörigkeit eintragen lassen, obwohl sie sich dem deutschen Volkstum zugehörig fühlten und fühlen. Durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2021 wurden an die Nachweisführ­ung zur Widerlegung der Eintragung in den Personaldokumenten erhöhte Anforderungen gestellt (sog. Gegenbekenntnis). Dies hatte zu Ablehnungsbescheiden des BVA geführt. Es ist gut, dass die Ampel-Regierung mit dem Entwurf endlich unseren intensiv vorgetragenen Forderungen nachgibt und zur bisherigen Anerkennungspraxis zurückkehrt.

Verordnung zur Verlängerung der Energiepreisbremsen (Preisbremsenverlängerungsverordnung). Die Bundesregierung hat beschlossen, mit diesem Verordnungsentwurf den zeitlichen Anwendungsbereich der Energiepreisbremsen bis zum 30. April 2024 zu verlängern. Die Verlängerung bedarf der Zustimmung des Bundestages. Im Dezember 2022 haben wir der Einführung der Preisbremsen nicht zugestimmt. Wir haben sowohl die Komplexität als auch die vergessene Unterstützung für Pellet- und Ölheizungen kritisiert. Zwar wurde mittlerweile mehrfach bei den Preisbremsen nachgesteuert. Sie bleiben trotzdem sehr komplex, betrugsanfällig und decken nicht alle Haushalte ab. Nun will die Ampelkoalition die Energiepreisbremsen verlängern und so Entlastungen ins Schaufenster stellen. Sie erhöht aber im selben Winter die Energiekosten durch die vorzeitige Rückkehr zur erhöhten Mehrwertsteuer auf Gaslieferungen. Bei vielen Verbrauchern wird die Bremse wohl nicht greifen, die höhere Mehrwertsteuer aber ganz sicher. Unterm Strich ist das damit mehr Preiserhöhung als Preisbremse. Das ganze Vorgehen ist damit nicht nur völlig widersprüchlich, sondern auch ein Etikettenschwindel. Mitten in einer Heizperiode sorgt die Ampel so statt für Verlässlichkeit für neue Verunsicherung.

Gesetz zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung (Hauptverhandlungsdokumentationsgesetz). Mit dem Gesetzentwurf soll ein Anliegen aus dem Koalitionsvertrag aufgegriffen werden ("Wir machen Strafprozesse noch effektiver, schneller, moderner und praxistauglicher, ohne die Rechte der Beschuldigten und deren Verteidigung zu beschneiden. Vernehmungen und Hauptverhandlung müssen in Bild und Ton aufgezeichnet werden."). Es soll eine gesetzliche Grundlage für eine digitale Inhaltsdokumentation der erstinstanzlichen Hauptverhandlungen vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten geschaffen und ausgestaltet werden. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab. Er wird auch von der Justiz ganz überwiegend kritisiert. So weist der deutsche Richterbund richtigerweise darauf hin: "Auch im Gewand eines „Optionsmodells“ führt eine Videoaufzeichnung des Strafprozesses zu einer erheblichen Mehrbelastung der Justiz, verstößt gegen die Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten, droht im Einzelfall die Wahrheitsfindung im Strafprozess zu beeinträchtigen und den Opferschutz massiv zu schwächen. Eine optionale audiovisuelle Dokumentation ist daher nur eine Scheinlösung, die einen „Video-Dokumentations-Flickenteppich“ in der Strafjustiz befürchten lässt.

 

3. Wichtige Termine und Ausblick

  1. Inland:
  • -15. November: Tagung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland,
  • November: Urteilsverkündung des BVerfG in der Sache 2. Nachtragshaushalt 2021,
  • November: Regierungsbefragung mit BK Scholz,
  • November: BK Scholz spricht auf dem HDE-Handelskongress,
  • November: BK Scholz hält Impulsvortrag auf der Konferenz „Ostdeutschland 2030 – Heimat und Zukunft“,
  • -19. November: Bundesparteitag Die Linke,
  • -19. November: Juso-Bundeskongress,
  • November: Landesparteitag CDU Thüringen,
  • November: Landesparteitag CDU Baden-Württemberg.
  1. Außen/EU:
  • /14. November: Außen-/Verteidigungsministerrat (Ukraine, Aserbaidschan/Armenien, Lage in Israel, außenpolitische Dimension der wirtschaftlichen Sicherheit),
  • /14. November: Informeller Wohnungsbauministerrat (bezahlbares Wohnen),
  • – 17. November: Euro-Finance-Week in Frankfurt,
  • November: BK Scholz empfängt den griechischen Ministerpräsidenten Mitsotakis,
  • November: Rat Allgemeine Angelegenheiten (Vorbereitung ER am 14./15. Dezember, EU-Wahlrecht, Rechtsstaatlichkeit Polen und Ungarn, Arbeitsprogramm 2024 der KOM),
  • November: EU-KOM: Paket zur Mobilität von Talenten, Herbstprognose für Wirtschaftswachstum und Inflation,
  • -17. November: Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft Apec in San Francisco (dabei Treffen Biden-Xi),
  • November: BK Scholz empfängt den türkischen Präsidenten Erdogan,
  • November: Zweite Runde der Präsidentenwahl in Argentinien.

Kalender – Kommende Termine

04.05.202410:00 - Uhr | 60 Jahre DLRG in Lampertheim
04.05.202412:00 - Uhr | Einweihung Alfred Delp Platz in Lampertheim
04.05.202418:00 - Uhr | Jubiläumskonzert KKM in Bürstadt
05.05.202410:45 - Uhr | Streetlife in Mörlenbach
06.05.202400:00 - 00:00 Uhr | CDU-Bundesparteitag in Berlin
07.05.202400:00 - 00:00 Uhr | CDU-Bundesparteitag in Berlin
08.05.202400:00 - 00:00 Uhr | CDU-Bundesparteitag in Berlin
10.05.202410:00 - Uhr | Regionalforum ICE in Heppenheim
10.05.202419:30 - Uhr | Gespräch Selbsthilfegruppe Lipödem in Heppenheim
11.05.202413:00 - Uhr | Maimarkt in Groß-Rohrheim
11.05.202415:00 - Uhr | Weinwanderung der JU-Südhessen in Heppenheim
12.05.202411:00 - Uhr | Kurkonzert in Auerbach
13.05.202400:00 - 00:00 Uhr | Sitzungstag Deutscher Bundestag in Berlin
14.05.202400:00 - 00:00 Uhr | Sitzungstag Deutscher Bundestag in Berlin
15.05.202400:00 - 00:00 Uhr | Sitzungstag Deutscher Bundestag in Berlin

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